Jerome kennt sich aus. Als ihn ein japanischer Kollege nach dem Weg fragt, ist zu ahnen, dass er schon längere Zeit als Taxifahrer in Tokio leben muss. Sein Japanisch scheint perfekt, sogar Jerome wird er nicht genannt, sondern Jay-san, und im Waschsalon verhüllt er mit einem Pflaster sein Tattoo. Der Franzose weiß, was sich in Japan gehört. Er weiß aber auch, was dort partout nicht geht, weil die Gesetze keine Optionen zulassen. Geteiltes Sorgerecht für Kinder zum Beispiel existiert schlichtweg nicht, doch genau deshalb ist Jerome geblieben.
Seine Tochter war drei, als er sie zum letzten Mal gesehen hat und seine japanische Ehefrau mit ihr untergetaucht ist. Jetzt ist Lily zwölf. Ihr Vater hört nicht auf, sie zu suchen.
Regisseur Guillaume Senez verfolgt Jerome - berührend gespielt von Romain Duris - auf Schritt und Tritt in dessen Hartnäckigkeit, die einer Obsession nahekommt, um den „fehlenden Teil“ seines Lebens zu finden. Auch als es so weit ist, klärt sich nichts von selbst.
Interessant: A MISSING PART erweitert unaufdringlich den europäischen Japan-Blick aus Wim Wenders’ PERFECT DAYS.
Andreas Körner