Schulkino

Captain Fantastic - Einmal Wildnis und zurück

USA 2016 118 min

Regie: Matt Ross

Darsteller: Viggo Mortensen, Frank Langella, George MacKay

FSK: 12

Die Kleidung des vollbärtigen Mannes ist eine ästhetische Herausforderung: In einem roten Anzug erscheint er bei einer Beerdigung, in seinen Klamotten haben sich die 1970er-Jahre überlebt. Ben will nicht Teil der Gesellschaft sein und sich deren Regeln unterordnen. Er hasst Kapitalismus, künstliche Lebensmittel, jegliche Art von Zwängen, Vorschriften, die die Menschen in Wirklichkeit nicht befreien, sondern einschränken. Mit seiner Frau Leslie hat er sich schon lange aus diesem Leben verabschiedet. Entfernt von der Zivilisation, haben sie im ländlichen Nordwesten der USA eine Familie mit sechs Kindern und ihr eigenes Paradies gegründet. Doch nun ist Leslie tot. Und die Vertreibung aus dem Paradies steht bevor.

Natürlich lebt das Road Movie, das sich von nun an entspinnt, von der Konfrontation. Mit Supermärkten oder Diners ­können auch Bens Kinder nichts anfangen. In der Zivilisation sind sie, die ihre Initiation durch das archaische Töten eines Hirschs erfahren haben, hoffnungslos verloren. Gerne würde der älteste Sohn Bo um das attraktive Mädchen auf dem Campingplatz werben. Aber wie er es anstellt, ist rührend lächerlich. Und sehr weltfremd. Aber Regisseur Matt Ross stellt Ben und dessen Familie nicht bloß. Vielmehr zeigt er mit großer Sympathie, mit welchen Idealen Ben und Leslie die ausgetretenen Pfade verlassen, was sie verloren, aber auch gewonnen haben. Nicht immer stehen die Aussteiger auf der Verliererseite. Ben ist ein Verfechter von lebendigem, nicht nur stur auswendig gelerntem Wissen und hat seine Kinder im Home-Schooling unterrichtet. Damit haben sie ihren Gleichaltrigen, die sich dem Schulsystem unterordnen, einiges voraus. Andererseits führt die Reise Ben zur ein wenig bitteren Erkenntnis, dass zur Bildung in einem weit gefassten Sinne nicht nur Noam Chomsky, Wirtschaftstheorien oder politische Konzepte gehören, sondern auch das Wissen um Schuhmarken und Play­station-Spiele. Zuvor aber wird der Widerspruch zwischen beiden Welten einen Keil durch die Familie treiben, wenn sich der Wunsch der jugendlichen ­Kinder nach weniger Ideologie (oder auch nur nach Teilhabe an der »Normalität«) gegen den rebellischen Lebensentwurf des Vaters wendet.