Ein kleines Stück vom Kuchen

Iran, Schweden, Frankreich, Deutschland 2024 96 min

Regie: Maryam Moghadam, Behtash Sanaeeha

Darsteller: Esmaeel Mehrabi, Lili Farhadpour

FSK: 12

Es war der haushohe Publikumsliebling der Berlinale. Kein Wunder, so viel emotionale Wucht ist selten.
Auf Anregung ihrer Freundinnen macht sich eine verwitwete Iranerin um die 70, die in gutbürgerlichen Verhältnissen lebt, auf die Suche nach einem Mann, um der Liebe noch einmal eine Chance zu geben.

Tochter und Enkel leben längst im Ausland, nur selten gibt es Telefongespräche. Die Kaffeekränzchen mit Freundinnen werden häufig von bedrückenden Krankheitsgeschichten dominiert, eine der Damen will gar das Video ihrer Darmspiegelung vorführen. Davon hat die Heldin nun genug. Resolut nimmt Mahin die Dinge in die Hand. Kaum entdeckt sie im Rentner-Café einen Taxifahrer als idealen Kandidaten, geht sie in die Flirt-Offensive. Tatsächlich erwidert der Fremde ihre Avancen. Das Senioren-Paar im Single-Status verbringt einen Abend voller Zärtlichkeit und Leidenschaft, bis das Schicksal einen jähen Strich durch die Idylle macht.

Ganz nebenbei übt diese humanistische Komödie rigorose Kritik an den täglichen Schikanen der Staatsmacht. Frauen, deren Kopftuch nicht sitzt, werden von der Sittenpolizei ruppig abgeführt. Mutig stellt sich die Heldin dazwischen, kann eines der verunsicherten Mädchen sogar aus den Fängen der Häscher retten. „Würden Sie mit ihrer Mutter auch so grob umgehen wie mit mir?“ konfrontiert die 70-jährige Mahin den Polizisten, der plötzlich sehr kleinlaut von dannen zieht. Ähnlich mutig erweist sich das iranische Regie-Duo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, die mit ihrem Film einiges an Sanktionen riskieren. Als Vorgeschmack wurde vom Mullah-Regime bereits die Ausreise zur Berlinale verboten. Den Triumph des Humanismus bei einem internationalen Publikum werden Betonköpfe eines mittelalterlichen Regimes freilich auf Dauer nicht aufhalten.