Mi 19.03. 14:15 ohne Dialog

Oscar®: Bester Animationsfilm Rezension Körners Corner

Flow

ohne Dialog

Lettland, Frankreich, Belgien 2024 85 min

Regie: Gints Zilbalodis

Animation

FSK: 6

empfohlen ab 10 Jahren

Der lettische Animationsfilmer Gints Zilbalodis hat einen Nerv getroffen: FLOW wird schon jetzt gefeiert und geliebt wie wenige andere aktuelle Filme. Dafür, dass er eine Katze als Hauptfigur hat. Und Menschen ausschließlich in den von ihnen hinterlassenen Spuren zeigt, während er eine Tier- und Natur-Geschichte ohne jedes menschliche Wort erzählt. Aber auch für seine philosophisch-poetische Dimension, die auf Zusammenarbeit, Rücksichtnahme und soziales Miteinander abzielt.

Rezension: Körners Corner

Mit viel Talent und einer großen Fantasie hat Zilbalodis seine Geschichte entworfen:  Eine kleine schwarze Katze flieht zusammen mit anderen Tieren auf einem Segelboot vor einer gewaltigen Flut. Die nicht näher erläuterte Naturkatastrophe, welche die Tiere des Waldes und auch die Katze, die im verlassenen Haus eines Bildhauers wohnte, überrascht und auf dem rettenden Boot zusammenführt, weckt aktuelle Assoziationen: an die Klimakrise, aber auch die Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer.
Zudem schwingen Gedanken an die Odyssee und die biblische Geschichte von der Arche Noah mit, wenn sich eine Handvoll Tiere – neben der Katze und einem Hund handelt es sich dabei um ein Wasserschwein, ein Äffchen und einen Sekretärvogel – gemeinsam vor den Wassermassen retten. Dies gelingt durch das Aushandeln von Konflikten, durch Anpassung, Kompromisse und Solidarität, kurz: durch Teamwork. Erzählt wird all das nur über die Körpersprache und Geräusche.  Es geht, wenn man so will, um die Grundlage jeglicher Zivilisation in einer verwüsteten Welt. Diese Aufgabe müssen die Tiere übernehmen, da sich die Menschheit offensichtlich selbst ausgelöscht hat. Insofern lässt sich FLOW als eine Parabel aufs Miteinander und die Gemeinschaft lesen.

Das ist eine gewichtige Botschaft, die aber so einfallsreich wie eindrücklich erzählt wird; dafür gab es den Europäischen Filmpreis und den Golden Globe. Auch bei den bildnerischen Einfällen und dem szenischen Gespür für mystische Welten ist der unabhängig produzierte Film überragend. Die Bildsprache resultiert vor allem aus dem Gegen-, Neben- und Ineinander von menschengemachten Skulpturen, Städten und Palästen, (kunst-)handwerklichen Gegenständen und einer idyllisch-rauen Natur. So hat sich etwas ein Holzboot in einer Baumkrone verfangen; riesige Steinfiguren ragen aus den Fluten, düstere, aus dem Felsen gehauene Kegelberge dräuen am Horizont. Potenziert wird die Wirkung der Bilder durch die Abwesenheit jener Wesen, die diese Kunst und Kultur einst hervorgebracht haben. Die Natur hat sich das Werk der Menschen zurückgeholt. Sie überwächst und überwuchert alles und schleift es mit Hilfe von Wind und Wasser.

FLOW ist in den zwei wichtigen Kategorien Best Animated Feature und Best International Feature für die Oscars® 2025 nominiert.